Nachdem ich durch ein Maori-Dorftor in Neuseeland eingetreten bin, mir eine Sushi-Rolle für wenig Geld gekauft habe, und eine SIM-Karte bei Vodafone Neuseeland, ging es für $17 mit dem Skybus in die Innenstadt von Auckland. Der Bus hat praktisch direkt vor dem Eingang des Hostels gehalten. Ich war wie bei meiner Ankunft in Sydney erst nach Mitternacht im Bett, war aber irgendwie nicht so wirklich müde, also habe ich einen ziemlich unruhigen Schlaf gehabt.
Im Nomads Hostel war alles durch übermäßig viel Technik verkompliziert: Anstatt eines Schlüssels gab es einen siebenstelligen Türcode, der sich auch noch alle paar Tage für jeden Gast änderte, und einen Türcode für den Haupteingang. Man hätte gedacht, dass es dadurch sicher gewesen wäre, war es aber nicht. Wenn man Sachen offen im 12er-Zimmer liegen lässt, riskiert man, dass sie gestohlen werden. So ist mir eine Hose, ein Gürtel und ein T-Shirt abhanden gekommen, die mir eines Morgens geklaut wurden, als ich für zehn Minuten im Badezimmer war. Die Küche war auch eine Katastrophe, weil es keine Handtücher gab, um Dinge abzutrocknen, also waren alle Töpfe, Pfannen, Teller, Tassen, etc. stets nass. Zwei Sachen waren an dem Hostel aber echt gut: Die Dachterrasse mit Blick auf die Skyline und Whirlpool sowie die Lage mitten in der Innenstadt. Wegen des Diebstahls, den bei der Rezeption auch niemand aufklären konnte (“Es kommt häufiger vor, dass hier was gestohlen wird!”), habe ich dann das Hostel gewechselt.
Das Brown Kiwi Backpackers etwas weiter außerhalb im Stadtteil Herne Bay1 war deutlich kleiner, etwas teurer aber extrem gemütlich. Im Garten konnte man schön entspannen und plaudern, und im Wohnzimmer haben wir zwei der Herr der Ringe-Filme gesehen. Die 21 Jahre alte Hauskatze, Stefanie, hat auch immer für gute Laune gesorgt.
Meine Tage hier habe ich größtenteils damit verbracht, die Stadt zu erkunden und alles weitere für die nächste Zeit zu organisieren: Ich habe ein Bankkonto bei Westpac eröffnet, eine IRD-Steuernummer für Neuseeland erhalten und natürlich diverse Klamotten gekauft, um das Gestohlene zu ersetzen und meine Ausrüstung zu ergänzen.
Ich finde Auckland ist eine komplett verschiedene Stadt von Sydney. Es gibt zwar einige Parallelen, wie die Harbour Bridge, die relativ natürlichen Hafenbecken, die Skyline und die große Einwohnerzahl; die Städte fühlen sich aber verschieden an: In Auckland ist alles etwas kompakter und kleiner. Durch die von Vulkanen erschaffene Landschaft wirkt es auch ganz anders.
Größtenteils ist Auckland recht flach, nur gelegentlich stechen die komplett unbebauten, grünen, erloschenen Vulkane aus der weitläufigen Stadt, die fast nur aus Wohngebiet mit Einfamilienhäusern und großzügigen Gärten besteht. Immer wenn ich mal in der Nähe eines Vulkans war, habe ich die Gelegenheit genutzt, um einen Überblick über die Stadt zu erlangen.
Das Wetter war bei meinem Besuch leider nur so mäßig: Es hat fast jeden Tag etwas geregnet bei etwa 15°, irgendwann ist dann aber immer die Sonne herausgekommen. Wenn man es gut abgepasst hat, hatte man echt spektakuläre Blicke.
Eins meiner Highlights war der Sky Tower, der Fernsehturm von Auckland. Ich bin dort bei Tag und Nacht hochgefahren. Auch von dort gab es von zwei Etagen einen tollen Ausblick. Manche Leute haben Bungee-Jumping vom Turm gemacht oder sind draußen herumgekraxelt; das hat mich nicht gereizt. Ich habe mir lieber die Dynosphäre angesehen, die als Blitzableiter auf der Spitze des Turms war.
Weitere Sehenswürdigkeiten, die mir sehr gut gefallen haben waren die Parks von Auckland, besonders die Auckland Domain mit einem sehr schönen Tropenhaus von der Zeit um die Jahrhundertwende und dem Auckland Museum. In dem Museum wurde einem die Geschichte von Neuseeland näher gebracht: von der Besiedlung durch die Maori, ein pazifisches Seefahrer-Volk, über die Exkursionen von Cook, der so gute Karten von Neuseeland angefertigt hat, dass sie noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts benutzt wurden, bis hin zu den diversen Kriegen, an denen Neuseeland beteiligt war. Die Beziehung der Europäer zu den Maori ist verschieden verlaufen, verglichen mit den australischen Aborigines: Da Cook einen aristokratischen Jungen aus Fiji (oder so) an Bord hatte, konnte dieser mit den Maori reden und so einige Konflikte vermeiden. Es gab auch recht früh einen Vertrag zwischen Maori und der Englischen Krone, der auf der Maori-Sprache ein Allianz vorsah, auf Englisch aber absolute Monarchie beschrieb. Inzwischen wird der Vertrag eher so ausgelegt, wie er auf Maori formuliert war: Maori ist neben Englisch Amtssprache von Neuseeland.
Die Strände von Auckland habe ich nicht so gut auskosten können, da es einfach noch nicht wirklich Sommer ist. Mission Bay Beach und ein Strand bei Devonport müssen aber im Sommer wunderschön sein. Direkt in Herne Bay, wo das Brown Kiwi Hostel liegt, habe ich mich aber ins Wasser getraut. Leider war der Boden sehr watt-ähnlich und matschig, es hat aber trotzdem Spaß gemacht!
Am 19. Oktober habe ich Rugby kennengelernt: Ein Hamburger aus dem Hostel hat erzählt, dass ein Frauenrugby Erstliga-Spiel im Eden Park Stadion stattfand. Das Ganze auch noch gratis! Als wir ins Stadion gegangen sind, hat uns ein Ordner einfach so blau-weiße Auckland Rugby-Flaggen in die Hand gedrückt. In der Halbzeit habe ich einen passenden Rugby-Ball gefangen, der ins Publikum geschossen wurde. Es gab wirklich eine Menge gratis, allerdings waren trotzdem leider sehr wenige Leute vor Ort. Das Spiel wurde aber wie ein normales Erstliga-Spiel behandelt: Ein Fernsehsender hat das Spiel gefilmt, es gab Donuts, Pommes und Hamburger, sowie einige wenige lautstarke Fans vom gegnerischen Verein: Wellington. Ich war erstaunt, wie brutal Rugby ist und dass keine Schutzkleidung getragen wird, wenn die Teams mit aller Wucht gegeneinander rennen oder sich auf einen Haufen werfen. Am Ende haben die Aucklander Frauen deutlich gegen Wellington gewonnen. Ich habe auch gewonnen, denn jetzt habe ich das Spiel schon mal grob verstanden.
Somit hatte ich gute Voraussetzungen für den Abend. In einer Bar hat praktisch das ganze Hostel die zwei Rugby World Cup Viertelfinalspiele des Abends verfolgt: Erst hat England recht souverän gegen Australien gewonnen; die anwesende Engländerin war sichtlich zufrieden.
Danach haben dann die New Zealand All Blacks2 gegen das gesamt-irische Team gespielt. Rugby ist eine der wenigen Sachen, bei denen Irland als ganze Insel antritt. Der Anwesende, der am Meisten von Rugby Ahnung hatte, war Ire und hat sogar ein Trikot in Knallgrün angehabt. Dann ging es los. Nach den Nationalhymnen, bei denen auf Maori und Englisch mitgesungen wurde, haben die All Blacks ihren angsteinflößenden Kriegstanz, den Haka, aufgeführt. Das ist wieder ein Ritual, dass von den Maori übernommen wurde, was sonst kein Nationalteam macht. Die Iren haben dabei nur ganz verdutzt zugesehen. Der Kriegstanz scheint jedenfalls gewirkt zu haben, denn das Spiel war sehr einseitig: Neuseeland hat den Iren keine Chance gegeben. Ich finde Rugby ist deutlich spannender anzusehen als Fußball, da ewiges Passspiel auf Zeit nicht möglich ist. Und wenn einer hinfällt, steht er sofort wieder auf. Rugby ist immer in Bewegung.
Ich habe mir auch die University of Auckland angesehen. Sie ist eine alte Uni, die langsam gewachsen ist, aber auch Teile hat, die genau wie die Ruhr-Uni aussehen. Für mich persönlich war das Auckland Bioengineering Institute (ABI) sehr interessant; dort habe ich mich mit Dr. Jichao Zhao über seine und meine Arbeit unterhalten, während er mich etwas durch den Lehrstuhl für Kardiologie geführt hat. Anscheinend hat ihm gefallen, was ich erzählt habe. Er hat mir angeboten, dass ich bei Gelegenheit einen Vortrag in Auckland halte. Darauf werde ich bestimmt zurückkommen.
Nach fast einem Monat umherreisen, sehne ich mich jetzt aber nach etwas Alltag. Und den sollte ich bald bekommen: Ich habe ein Jobangebot zum Avocados Pflanzen im nördlichsten Norden der Nordinsel bekommen. Auf dem Weg dorthin mache ich aber noch einen Zwischenstopp in der Bay of Islands…
Mir hat Auckland sehr gut gefallen, allerdings habe ich inzwischen genug von Stadt. Ich bin froh, dass ich jetzt etwas in die schöne Natur von Neuseeland komme.
Eine kleines Fun-Fact zum Abschluss: Ich habe mich gewundert, warum der Hauptbahnhof von Auckland Britomart heißt, der grade übrigens vom Kopfbahnhof zum unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut wird. Man könnte denken, dass die Silben für Britisch und Markt stehen, das ist aber ein Fehlschluss. Der Bahnhof ist benannt nach der Landzunge Point Britomart, welche wiederum benannt ist nach einem Schiff HMS Britomart. Dieses aber ist nach der griechischen Gottheit Britomartis benannt, was ein kretischer Name für Artemis ist, der so viel wie süße Jungfrau bedeutet. Am Ende ist eben alles Latein und/oder Griechisch…