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Von Mount Taranaki bis zum Interislander

Den Anfang des neuen Jahrzehnts habe ich in New Plymouth verbracht, von wo ich im Taranaki-Nationalpark wandern ging, und in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands.

Nach dem Jahreswechsel habe ich weiterhin eine entspannte Zeit in New Plymouth gehabt. Dort war ich vor Allem viel Wandern. Mit einem Hongkonger und einem Berliner bin ich zum Beispiel auf einen Fels geklettert, von dem man einen tollen Blick auf die Stadt und das Meer hatte. Der Aufstieg war deutlich kürzer als gedacht, also bin ich anschließend noch alleine in der Stadt herumgelaufen. Erst bin ich durch den Park herumgelaufen, dann am Wasser entlang und schließlich ins Stadtzentrum.

Blick von einem Fels vor New Plymouth Der sogenannte Wind-Zauberstab Kein Jahrmarktsspiegel: Das Len-Lye-Museum

Dort war das Len-Lye-Museum, in dem ich mal wieder mein Bedürfnis nach Kunst gesättigt habe. Das Museum war so eng und voller Kunstwerke, dass nicht mal für die üblichen Schildchen mit Namen des Bilds und Künstlers Platz war. Stattdessen gab es einen Katalog, in dem man solche Details nachschlagen konnte.

Mit dieser alten südafrikanischen Flagge hat ein neuseeländischer Künstler dagegen protestiert, dass Maori-Sportler nicht an Sportevents im von Apartheid geprägten Südafrika teilnehmen durften.

Ich war in den folgenden Tagen auf deutlich längeren Wanderungen rund um Mount Taranaki. Mit dem Berliner und einem Patagoniener ging es hoch zu einem Teich, in dem sich bei Windstille und gutem Wetter eine tolle Reflexion des Vulkans bilden soll. Natürlich waren wir bei dem ungünstigsten Wetter da: Wind, Wolken und Kälte. In dem Reflexionsteich gab es also keine Reflexion…

Zu viel Wind am Reflexionsteich Hilfreich: Achtung Kiwis! Auf dem Weg nach Oben

Alleine ging es am nächsten Tag wieder nicht auf den Gipfel des malerischen Vulkans, denn dort oben sei es laut dem Wetterdienst viel zu stürmisch und kalt. Stattdessen bin ich dann an der Nordflanke herumgewandert, die windgeschützt und in der Sonne lag. Ich war vor allem beeindruckt, dass der Vulkan so steil hoch geht, die Steigung ist fast 45°! Um den Krater wurde von der Regierung alles in einem gewissen Radius zu Nationalpark erklärt, was zu einem sehr unüblichen Ausblick führt: Tiefster Urwald bis am Fuße des Berges komplett symmetrisch die Weiden beginnen. Parallel dazu verläuft die Küste der Taranaki-Halbinsel mit einem deutlich größeren Radius.

Ein typischer Anblick vom einsamen Berg Mount Taranaki

Eigentlich wollte ich unbedingt den Gipfel erreichen, allerdings wollte ich nicht noch länger auf gute Bedingungen warten. Also bin ich am 6. Januar über den sogenannten Surfer-Highway nach Wellington aufgebrochen. Manchmal muss man auch wissen, wann man aufgeben muss. Irgendwann werde ich bestimmt nach New Plymouth zurückkehren, um den Berg doch noch zu besteigen!

Langsam rostet das Wrack der SS Gairloch vor sich hin…

Während der Fahrt habe ich mir den Leuchtturm am Cape Egmont und das Wrack der SS Gairloch angesehen, das stark verrostet an einem Strand liegt. In Whanganui habe ich eine Mitfahrerin eingesammelt, die auf meine Anzeige bei einem Mitfahrportal im Internet geantwortet hatte. Wir haben uns während der Fahrt gut unterhalten, sodass wir beschlossen haben, dass wir morgen gemeinsam die Stadt erkunden wollten.

Angekommen im YHA Hostel stellte ich fest, dass ich total vergessen habe, einen Parkplatz zu organisieren. Eingequetscht zwischen Bergen auf einer kleinen Halbinsel hat Wellington, die Hauptstadt Neuseelands, ein großes Platzproblem. So bin ich dann also lange umher gefahren auf der Suche nach einem kostenlosen Parkplatz, den ich dann 15min zu Fuß vom Hostel entfernt mit tollem Blick auf die Skyline gefunden habe. So richtig kann ich nicht verstehen, dass die Hauptstadt von Auckland hierher verlegt wurde. Hauptargument dafür war wohl, dass die Südinsulaner so schneller in die Hauptstadt kommen. Inzwischen ist das aber wegen Flugzeugen ein relativ vergleichbarer Aufwand von der Südinsel in eine der beiden Städte zu reisen.

Das Wellington Cable Car rollt gemächlich den Berg hinauf.

Bei den alten Wägen der Seilbahn saß man noch im Freien!

Dann erkundeten wir Wellington zu Fuß. Ein Highlight war die Standseilbahn, die durch bunt beleuchtete Tunnel und über Brücken von etwa Meeresspiegelhöhe hoch zum Bergeingang des botanischen Garten geführt hat. Natürlich gab es dort auch ein kleines Standseilbahn-Museum mit einem großen Souvenirladen.

Spontan hatten wir dann die Idee, dass man das neuseeländische Parlament besichtigen könnte. Tatsächlich haben wir auch noch Plätze für eine kostenlose Tour buchen können! Gemütlich sind wir durch den Botanischen Garten dorthin geschlendert und standen dann vor einem typischen klassizistischen Regierungsgebäude und daneben einem Ruhr-Uni-ähnlichen, brutalistischen, runden Bürogebäude, genannt Beehive, also Bienenkorb.

Das neuseeländische Parlament tagt in verschiedensten Gebäuden. Ich als Speaker of the House

Bei der Führung haben wir dann die vier bedeutendsten Räume gesehen: Der Versammlungssaal des Repräsentantenhaus, der praktisch genauso aussieht wie der Saal des House of Commons im Londoner Parlamentsgebäude, nur deutlich kleiner. Das Repräsentantenhaus entspricht dem Bundestag und wird inzwischen auch genauso gewählt, da die Kiwis in dem ursprünglichen britischen System nur zwei Parteien hatten und das neue System nun besser die Bevölkerungsgruppen wiedergibt. Dann ging es zum Saal des Legislative Council, was früher die obere Kammer war, die dem Bundesrat entspricht, die aber abgeschafft wurde, um die Regierungsarbeit einfacher zu machen. Auch haben wir den meistgefilmten Flur in Neuseeland gesehen, wo die Presse mit den Parlamentariern in Kontakt tritt, wenn sie von ihren Büros zu den Sitzungen ziehen. Zuletzt waren wir im bananenförmigen Festsaal im Beehive, von dem man durch viele hohe Glasfenster auf die Stadt blicken kann. Die Architektur war wie es um die Bauzeit des Beehive üblich war, sehr betonlastig mit minimalistischer Kunst: Bunte Tafeln sollen Neuseeland darstellen, am Nordende des Saals Cape Reinga und am Südende Bluff. Mir hat die kostenlose, spontane Führung wirklich gut gefallen, so etwas ist in Berlin beim Reichstag meist ausgebucht!

Anschließend sind wir auf den parkähnlichen Hausberg Mount Victoria geklettert. Typisch für Wellington war es dort sehr windig. Wegen der Meeresenge zwischen den beiden Inseln werden die ganzen Strömungen durch Wellington gelenkt. Man hatte aber einen wirklich tollen Ausblick.

Ein privater Aufzug zur Villa… Der Flughafen Wellingtons liegt so, dass auf beiden Seiten der Start- und Landebahn praktisch nur Wasser liegt.

Für den 9. Januar hatte ich einen konkreten Plan: Entlang der Küste bin ich nach Miramar gewandert und dabei am Flughafen und vielen teuren Villen vorbeigegangen. Einige davon hatten private Aufzüge an der Felswand, die die Garage an der Küstenstraße mit dem eigentlichen Haus auf dem Berg verbinden. Das ist schon ziemlich dekadent…

Miramar ist das Hollywood Neuseelands1; nirgendwo sonst in der Welt könne man im Umkreis von einem Kilometer einen Film vom Dreh über die praktischen und digitalen Effekte bis zum fertigen Schnitt bringen. Mein Ziel dort war der Weta Workshop, ein Studio, in dem auf jede vorstellbare Weise Filmrequisiten hergestellt werden: Es gibt dort Fräsmaschinen, 3D-Drucker und sogar eine richtige Schmiede! Unter anderem wurden dort Requisiten für die Herr der Ringe- und Hobbit-Filme, für die Serie The Expanse oder James Camerons Avatar hergestellt. Auf einer ausgebuchten Tour habe ich einen Einblick vom Konzept bis zur Fertigstellung bekommen: Manche Requisiten sind aus echtem Eisen und sehr detailliert, andere jedoch aus ganz leichtem Plastik sehen von Nah wie Spielzeug aus. Für jede Szene gibt es andere Anforderungen! Ein Highlight war ein völlig funktionsfähiger, futuristischer Warthog-Panzer aus den Halo Videospielen, der nicht nur sehr cool aussieht, sondern auch noch seitwärts fahren kann.

Die originale Rüstung des Königs von Rohan für die Herr der Ringe-Filme

In einer zweiten Halle habe ich mir noch die Miniatursets für eine britische TV-Serie Thunderbirds Are Go, bei der als Neuverfilmung einer beliebten, klassischen Stop-Motion-Serie weiterhin auf praktische Effekte wie Puppen und Miniatursets gesetzt wird, wobei das Ganze aber mit moderner, digitaler Technik aufgebessert wird. Es ist wahnsinnig, mit wie viel Liebe zum Detail die Sets gestaltet wurden.

So eine Landschaft habe ich noch nie gesehen!

Für meinen letzten Tag auf der Nordinsel hatte ich mir einiges vorgenommen. Nach dem Checkout im Hostel ging es mit zwei Leuten im Auto quer über das Umland von Wellington. Nach der Tour im Weta Workshop hatte ich immer noch nicht genug von Herr der Ringe, also haben wir uns die Drehorte der Elbenstadt Bruchtal und die Putangirua Pinnacles angesehen, in denen das Reich der Toten liegt. Zu der Felsformation, die durch bergab fließendes Wasser geformt wurde, ist man gemütlich von der Küste bergauf durch einen Wald gewandert, bis man plötzlich an einem Aussichtspunkt war. Absolut atemberaubend stehen um die hundert graue Felssäulen, sogenannte Hoodoos, eng beieinander. Auf ihnen wächst praktisch nichts, was es umso passender macht, dass hier das Reich der Toten liegt. Geht man zwischen den Säulen entlang fühlt man sich ganz unbedeutend und machtlos… Für die Filme musste man wirklich gar nichts an diesem Drehort verändern.

Das Tal der Toten Einziges Relikt von Bruchtal

Nach einem kurzen Strandaufenthalt ging es mit meinem Auto zügig zurück nach Wellington zur Interislander-Fähre. Ich habe eine Nachtfahrt gebucht, da das deutlich günstiger als tagsüber war, weshalb ich nach dem Verlassen des Hafens von Wellington mir eine gemütliche Ecke gesucht habe und den Sonnenuntergang ansah. Nach einer ruhigen Überfahrt rollte ich um Mitternacht in Picton von der Fähre, direkt zu dem gemütlichen Atlantis-Hostel.

Mit der Interislander-Fähre bin ich zwanzig Jahre in die Vergangenheit gereist…

In Picton habe ich nochmal einen entspannten Strandtag gehabt, bis es ab nach Blenheim zum Arbeiten ging…

Die malerische Einfahrt der Fähre habe ich bei Tageslicht nur von Außen sehen können.


  1. sogar mit eigenem Hollywood-ähnlichen Schriftzug in den Bergen ↩︎